Geburtsstation im Langenauer Krankenhaus schließt auch

Medizin Die ADK GmbH muss den Landeskrankenhausplan umsetzen. Dafür sollen in den Standort an anderer Stelle 7,6 Millionen Euro investiert werden. Von Matthias Stelzer

Von Juli an gibt es keine neuen gebürtigen Langenauer mehr. Wolfgang Schneider, der Geschäftsführer der Krankenhaus-Gesellschaft des Alb- Donau-Kreises, gab sich bei einer Pressekonferenz in Langenau alle Mühe, diese Nachricht möglichst unaufgeregt zu transportieren. Kein großer Bahnhof mit Landrat und Co. Nur er und Klinik-Pressesprecherin Daniela Rieker empfingen im so genannten Separee, einem Nebenzimmer des Krankenhaus-Restaurants.

Land ließ nicht mit sich reden

Dort berichtete Schneider, umgeben von Stellwänden mit Bauplänen, zuerst von umfangreichen Investitionsvorhaben. Entstehen soll bis 2020 eine interdisziplinäre Ambulanz mit Notaufnahme, eine Abteilung für Intensivpatienten und eine ausgebaute Rheumatologie. Außerdem soll bald ein Computertomograf im kleinen Langenauer Krankenhaus stehen. „Damit verbessern wir das medizinische Leistungsspektrum für die Bevölkerung am Standort Langenau spürbar“, kommentierte der Krankenhaus-Geschäftsführer die 7,6 Millionen Euro schweren Ausbauvorhaben.

Dann die andere Botschaft an die Langenauer Bevölkerung: „Es ist allerdings auch eine Anpassung an den Landeskrankenhausplan nötig. Dieser sieht vor, die Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe zu schließen.“ Seit dem Jahr 2012 werde das Krankenhaus in Langenau als Teil des einheitlichen Alb-Donau Klinikums geführt und sei vom Stuttgarter Sozialministerium und dem Regierungspräsidium Tübingen (RP) nur mit einer befristeten Betriebsgenehmigung für die Geburtshilfe bedacht worden.

In Verhandlungen und nach Prüfung der damaligen Entscheidung habe das RP nun neuerlich einen „Feststellungsbescheid“ erlassen. „Das tut uns weh. Aber wir hatten auch keine Möglichkeit mehr, das zu ändern“, sagte Schneider. Sowohl der Landkreis als Krankenhausträger wie auch die Geschäftsführung hätten die Geburtenstation, in der im vergangenen Jahr 274 Kinder zur Welt kamen, gerne weitergeführt.

Bei der ADK GmbH rechnet man jetzt, nach Bekanntgabe der Schließungsnachricht, mit Protesten oder zumindest Anteilnahme. Deshalb wurde ein Erinnerungsprojekt aufgesetzt. „Wir denken mit Freude an die mehreren tausend Babys, die in den letzten Jahren in der Geburtsklinik Langenau auf die Welt gekommen sind. Diese schönen Erinnerungen wollen wir gerne festhalten“, sagte Schneider.

Familien sind nun aufgefordert Bilder und Texte, die an eine Langenauer Geburt erinnern, bei der Krankenhaus GmbH einzureichen. Eine spezielle Homepage und, wie Schneider ankündigte, vielleicht ein Buch sollen so entstehen. Gesammelt wird über die Mailadresse geboren-in-langenau@adk-gmbh.de. Eine sprechende Adresse, die fast schon an die emotionalen und strittigen Debatten um die die Schließung der Illertisser Geburtshilfestation auf bayerischer Seite und die dort gegründete Bürgerinitiative „Geboren im Süden“ erinnert.

Wolfgang Schneider weist darauf hin, dass die Frauen aus Langenau und Umgebung ihre Kinder künftig auch im benachbarten Bundesland bekommen können. Neben Ulm und Heidenheim nannte er Günzburg und Neu-Ulm als Ausweichadressen für die Zeit nach dem 30. Juni. All diese Krankenhäuser befinden sich in einem Umkreis von höchstens 25 Kilometern. Außerdem gibt es die beiden Geburtshilfestationen des Alb-Donau Klinikums in Ehingen und Blaubeuren. Dort soll künftig auch das Fachpersonal aus Langenau beschäftigt werden. „Wir bieten allen einen Arbeitsplatz zu gleichen Konditionen an“, versprach Schneider.

Politischer Wille ist da

„Es geht gut weiter für das Krankenhaus Langenau“, lautet das Credo Schneiders. Das lasse auch der politische Wille des Trägers erkennen. „Die 7,6 Millionen Euro sind die bislang größte Einzelinvestition“, sagte er. Einen Großteil dieser Summe, wohl wenigstens sechs Millionen Euro, trage der Landkreis. 2018 werden die Bauarbeiten laut Schneider beginnen und sollen dann rund zwei Jahre dauern. Wolfgang Schneider: „Langenau wird so wirtschaftlich mittelfristig gestärkt.“

Quelle
Publikation SÜDWEST PRESSE, Ulm
Regionalausgabe SÜDWEST PRESSE Ausgabe Ulm und Umgebung
Ausgabe Nr.96
Datum Mittwoch, den 26. April 2017
Seite Nr.25
Deep-Link-Referenznummer IRA-20439823

Nach Illertissen jetzt Langenau, diese Assoziation liegt auf der Hand. Sie ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Denn zuvor schlossen auch schon anderswo die Geburtshilfestationen. In Laichingen beispielsweise oder in Weißenhorn, Geislingen und so weiter.

Die medizinische Landschaft ist längst im Umbruch. Mit einer klaren Tendenz: Kleine Krankenhäuser und kleine Abteilungen tun sich schwer, sind kaum noch finanzierbar. Das ist bedauerlich. Besonders, wenn einmal mehr eine Geburtenstation geschlossen wird. Jener Teil eines Krankenhauses, der anders als etwa die Onkologie für die meisten Menschen mit positiven Erinnerungen verbunden ist.

Aufhalten kann man den Strukturprozess nicht. Warum sollte man auch? Die medizinische Versorgung in der Region ist immer noch überdurchschnittlich gut – auch im geburtshilflichen und gynäkologischen Bereich. Warum also sollten Ministerium und Mittelbehörde im Krankenhausplan eine Ausnahme schaffen? Weil sich viele Frauen im Langenauer Krankenhaus besonders gut aufgehoben fühlten? Weil man sich in der Stadt wünscht, dass es auch künftig gebürtige Langenauer gibt?

All diese Einwände und die damit verbunden Emotionen sind verständlich. Einer finanzierbaren Struktur, die sich an der Versorgungsgerechtigkeit ausrichtet, können und dürfen sie aber nicht im Wege stehen.

Quelle:
Publikation SÜDWEST PRESSE,
Ulm Regionalausgabe SÜDWEST PRESSE Ausgabe Ulm und Umgebung
Ausgabe Nr.96 Datum Mittwoch, den 26. April 2017
Seite Nr.25
Deep-Link-Referenznummer IRA-20439971

 

Was sagen Sie zur Schließung der Geburtenstation in Langenau?

Petra Siegler Hebamme
Mich ärgert das, und es macht mich traurig, weil kleine Häuser reihum zugemacht werden. Werdenden Eltern wird die Alternative genommen. Mir fehlt da der Weitblick.

Daniel Salemi Bürgermeister
Das ist ein klarer Verlust für Langenau, schließlich gibt es hier bald keine Geburten mehr. Aber die Investitionen des Kreises muss man positiv sehen, die Grundversorgung ist gesichert.

Leonhard Kraus FWG Langenau
Ich finde das äußerst unglücklich, dass eine funktionierende Station zugemacht wird. In der Gesundheitspolitik ist nie sicher, was noch kommt. Immerhin bleibt das Notfallzentrum.

Klaus Meisen CDU Langenau
Für Langenau ist das nicht von Vorteil, Illertissen lässt grüßen. Man muss aber sehen, dass der Kreis drei Kliniken betreut. Ich weiß nicht, ob ein CT besser ist als eine Geburtenstation.

Wolfgang Faul SPD Langenau
Das ist schlicht eine Katastrophe für das Haus, zur Grundversorgung gehört die Entbindung dazu. Paare müssen nun nach Ulm ausweichen. Und was passiert mit den Hebammen?

Roland Riedlinger GUL Langenau
Persönlich glaube ich, darf das Angebot im ländlichen Raum nicht ausgedünnt werden. Medizinisch betrachtet scheint es gerechtfertigt, auch weil viel Personal nötig war.

Quelle:
Publikation SÜDWEST PRESSE, Ulm Regionalausgabe
SÜDWEST PRESSE Ausgabe Ulm und Umgebung
Ausgabe Nr.96
Datum Mittwoch, den 26. April 2017
Seite Nr.25
Deep-Link-Referenznummer IRA-20449445


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